Erfolgreiches Üben will gelernt sein, und richtiges Üben ist gar nicht so einfach. So unterschiedlich das Üben, Training und Probieren in unterschiedlichen Disziplinen ist, so gelten für erfolgreiches Üben bestimmte Regeln, die für Arbeiten an Instrumenten, Gesang, Tanz und Sport allgemeingültig sind. Auch wenn diese Regeln auf den ersten Blick speziell auf erfolgreiches Üben und Arbeiten für Schlagzeuger abgestimmt zu sein scheinen, so gelten sie ganz universell – daher möchte ich diese 10 goldenen Regeln gern vorstellen.
Vor fast 15 Jahren hat mir mein damaliger Schlagzeuglehrer, Prof. Peter Horst, einen vorweihnachtlichen Gruß mit 10 goldenen Tipps für erfolgreiches Üben überreicht, die seitdem in meinem Proberaum hängen:
10 goldene Tipps für erfolgreiches Üben
1- Fließen lassen. Klar, nicht jeder Bewegungsablauf ist fließend, weder am Instrument noch beim Tanz. Aber die Energie fließen zu lassen – darum geht es bei diesem ersten Punkt. Gerade beim Erarbeiten von Neuem “stochern” wir gern anstatt von Vornherein Energie so fließen zu lassen, wie wir es später beim Vortrag vorhaben. Wenn wir gleich zu Beginn den Energiefluss mitüben, fällt uns nicht nur das Lernen leichter, sondern später auch der richtige Vortrag!
2- Loslassen. Der Körper arbeitet schon, aber unser Kopf ist noch in einem anderen Film? Steuererklärung, Einkaufsliste, wichtige Telefonate oder Termine bzw. sogar Ärger? Diese Gedanken haben beim Üben nichts verloren. Für erfolgreiches Üben müssen wir uns auf das Üben konzentrieren können (vgl. hierzu meinen Artikel darüber, wie wir Kreativität zulassen können).
3- Locker. Eigentlich selbstverständlich, aber wir neigen leider immer wieder dazu, uns zunehmend zu verkrampfen, wenn vielleicht mal etwas nicht gleich so klappt, wie wir es uns vorstellen. Verkrampfen hilft da nicht weiter, aber entspannen – manchmal reicht es ja auch schon, einmal tief ein- und wieder auszuatmen.
4- Lächeln und spielen ist kein Widerspruch. Ein freundliches Gesicht beim Vortrag wird gerade bei Gesang und Tanzen gern einstudiert, aber schon beim Üben macht das Lächeln einen Unterschied – sowohl für Zuschauer und Zuhörer, als auch insbesondere für uns! (s. auch Punkt 3 und Punkt 8!)
5- Der Weg ist das Ziel. Dies ist keine Aufforderung, nicht um bestmögliches Gelingen bestrebt zu sein, sondern gleich aus doppeltem Grund sinnvoll: gerade bei komplexen Übungen hilft es, das zu sehen, was wir bereits erfolgreich erarbeitet haben (das Glas ist schon halbvoll, nicht noch halbleer). Zum Anderen lernen wir auf dem Weg oftmals Dinge, von denen wir nicht erwartet hätten, sie zu lernen. Dies hat schon oft zu ganz neuen Ansätzen oder Werken geführt (wenn wir im “offenen Modus” sind).
6- Achte auf Deine Mitte. Buddha lässt grüßen. Aber wirklich: nur, wenn wir uns unserer körperlichen Mitte bewusst sind, können wir richtig sitzen bzw. stehen. Gerade für Instrumentalisten, die Ihre Körper meist einseitig einsetzen, leider keine Selbstverständlichkeit.
7- Übe langsam und genau. Pfuschen will zwar vielleicht auch gelernt sein, aber nur durch langsames und genaues Üben arbeiten wir präzise. Oftmals gilt: je langsamer wir zunächst üben, desto besser. Dann geht es hinterher umso schneller!
8- Du klingst wie Du bist. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: man hört es Dir an, ob Du fröhlich, albern, glücklich oder traurig, sauer bzw. aggressiv bist. Genauso, wie man es Dir übrigens auch ansieht. Da sich unsere Stimmung unmittelbar auf unsere Darbietung überträgt, können wir dieses “Problem” natürlich auch zu unserem Vorteil im Sinne einer besseren Darbietung ausnutzen!
9- Rudiments, Rudiments, Rudiments. Schlagzeuger wissen, was hier gemeint ist. Allgemein gesprochen bedeutet dieser Punkt, daß wir für erfolgreiches Üben immer wieder Grundlagentraining betreiben müssen. Egal, wie weit wir beispielsweise in unseren technischen Fähigkeiten sind, immer wieder “back to the basics” bringt uns langfristig weiter.
10- “Kann ich nicht” – gibt es nicht! Die Engländer sagen auch gern “can’t means won’t”. Wenn ich vorher sage, daß ich etwas nicht kann, verschließe ich mich so, daß ich es nicht kann. Nur wenn ich sage, daß ich es kann, kann es auch gelingen. Dieser Punkt ist natürlich nur in Grenzen gültig (aber da umso mehr!)….was tatsächlich nicht möglich ist, bleibt unmöglich (fliegen, im Feuer überleben etc….).
Ich hoffe, daß Euch diese 10 goldenen Regeln für erfolgreiches Üben weiterhelfen und wünsche Euch viel Spaß dabei, damit zu arbeiten! Bis zum nächsten Mal,
Euer Hauke